Berufsordnung

Inhaltsübersicht (1)§§
Erster Teil
Freiheit der Berufsausübung
Freiheit der Advokatur1
Zweiter Teil
Pflichten bei der Berufsausübung
Erster Abschnitt
Allgemeine Berufs- und Grundpflichten
Verschwiegenheit2
Interessenwiderstreit3
Fremdgelder und andere Vermögenswerte4
Kanzlei, weitere Kanzlei und Zweigstelle5
Kenntnisse im Berufsrecht5a
Zweiter Abschnitt
Besondere Berufspflichten im Zusammenhang mit der Werbung
Werbung6
Benennung von Teilbereichen der Berufstätigkeit7
Mediation7a
Kundgabe gemeinschaftlicher Berufsausübung und anderer beruflicher Zusammenarbeit8
Kurzbezeichnungen9
Briefbögen10
Dritter Abschnitt
Besondere Berufspflichten bei der Annahme, Wahrnehmung und Beendigung des Mandats
Mandatsbearbeitung und Unterrichtung der Mandantschaft11
Umgehungsverbot12
(aufgehoben)13
Zustellungen14
Mandatswechsel15
Prozesskostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe und Beratungshilfe16
Ablehnung der Beratungshilfe16a
Zurückbehaltung von Handakten17
Vermittelnde, schlichtende oder mediative Tätigkeit18
Vierter Abschnitt
Besondere Berufspflichten gegenüber Gerichten und Behörden
Akteneinsicht19
Berufstracht20
Fünfter Abschnitt
Besondere Berufspflichten bei Vereinbarung und Abrechnung von Gebühren
Vergütungsvereinbarung21
Gebühren- und Honorarteilung22
Abrechnungsverhalten23
Sechster Abschnitt
Besondere Berufspflichten gegenüber der Rechtsanwaltskammer, deren Mitgliedern und gegenüber Mitarbeitenden
(weggefallen)24
Beanstandungen gegenüber Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten25
Beschäftigung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten sowie anderen Mitarbeitenden26
Beteiligung Dritter27
Ausbildungsverhältnisse28
Siebter Abschnitt
Besondere Berufspflichten im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr
(aufgehoben)29
Zwischenanwaltliche Korrespondenz im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr29a
Einschaltung ausländischer Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte29b
Achter Abschnitt
Besondere Berufspflichten bei beruflicher Zusammenarbeit
Geltung der Berufsordnung bei beruflicher Zusammenarbeit30
Maßnahmen zur Einhaltung des Berufsrechts 31
Beendigung einer gemeinschaftlichen Berufsausübung32
(weggefallen)33
Neunter Abschnitt
Anwendungsbereich
Weitere Mitglieder der Rechtsanwaltskammer, ausländische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte34
Dritter Teil
Schlussbestimmungen
In-Kraft-Treten und Ausfertigung35

Erster Teil Freiheit der Berufsausübung

§ 1 BORA Freiheit der Advokatur

(1) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte üben ihren Beruf frei, selbstbestimmt und unreglementiert aus, soweit Gesetz oder Berufsordnung sie nicht besonders verpflichten.

(2) Die Freiheitsrechte der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gewährleisten die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger am Recht. Anwaltliche Tätigkeit dient der Verwirklichung des Rechtsstaats.

(3) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte beraten und vertreten ihre Mandantinnen und Mandanten in allen Rechtsangelegenheiten unabhängig und haben sie vor Rechtsverlusten zu schützen, rechtsgestaltend, konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten, vor Fehlentscheidungen durch Gerichte und Behörden zu bewahren und gegen verfassungswidrige Beeinträchtigung und staatliche Machtüberschreitung zu sichern.

§ 2 BORA Verschwiegenheit

(1) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind zur Verschwiegenheit verpflichtet und berechtigt. Dies gilt auch nach Beendigung des Mandats.

(2) Die Verschwiegenheitspflicht gebietet es der Rechtsanwältin und dem Rechtsanwalt, die zum Schutze des Mandatsgeheimnisses erforderlichen organisatorischen und technischen Maßnahm en zu ergreifen, die risikoadäquat und für den Anwaltsberuf zumutbar sind. Technische Maßnahmen sind hierzu ausreichend, soweit sie im Falle der Anwendbarkeit der Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten deren Anforderungen entsprechen. Sonstige technische Maßnahmen müssen ebenfalls dem Stand der Technik entsprechen. Abs. 4 lit. c) bleibt hiervon unberührt. Die Nutzung eines elektronischen oder sonstigen Kommunikationsweges, der mit Risiken für die Vertraulichkeit dieser Kommunikation verbunden ist, ist jedenfalls dann erlaubt, wenn die Mandantin oder der Mandant ihr zustimmt. Von einer Zustimmung ist auszugehen, wenn die Mandantin oder der Mandant diesen Kommunikationsweg vorschlägt oder beginnt und ihn fortsetzt, nachdem die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt zumindest pauschal und ohne technische Details auf die Risiken hingewiesen hat.

(3) Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 43a Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung) liegt nicht vor, soweit Gesetz und Recht eine Ausnahme fordern oder zulassen.

(4) Ein Verstoß ist nicht gegeben, soweit das Verhalten der Rechtsanwältin oder des Rechtsanwalts

  1. a)

    mit Einwilligung erfolgt oder

  2. b)

    zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist, z. B. zur Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen aus dem Mandatsverhältnis oder zur Verteidigung in eigener Sache, oder

  3. c)

    im Rahmen der Arbeitsabläufe der Kanzlei, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 43e Bundesrechtsanwaltsordnung liegen, objektiv einer üblichen, von der Allgemeinheit gebilligten Verhaltensweise im sozialen Leben entspricht (Sozialadäquanz).

(5) Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.

§ 3 BORA Interessenwiderstreit

(1) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen keine widerstreitenden Interessen vertreten. Sie dürfen in einem laufenden Mandat auch keine Vermögenswerte von der Mandantin oder dem Mandanten und/oder der Anspruchsgegnerin oder dem Anspruchsgegner zum Zweck der treuhänderischen Verwaltung oder Verwahrung für beide Parteien entgegennehmen.

(2) Wer erkennt, dass er entgegen § 43a Abs. 4 bis 6 BRAO tätig geworden ist, hat unverzüglich die Mandantschaft zu informieren und alle Mandate in derselben Rechtssache zu beenden.

(3) Eine gemeinschaftliche Berufsausübung im Sinne von § 43a Abs. 4 Satz 2 BRAO liegt bei Bürogemeinschaften (§ 59q BRAO) nicht vor. Eine Sozietätserstreckung gilt auch für individuell erteilte Mandate.

(4) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen in einem Mandat nach § 43a Abs. 4 Satz 4 BRAO (Befreiung von der Sozietätserstreckung mit Zustimmung der Mandantinnen und Mandanten) nur tätig werden, wenn durch getrennte Bearbeitung die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht sichergestellt ist. Dafür ist, über die allgemeinen Anforderungen des § 2 hinaus, insbesondere erforderlich

  1. a)

    die inhaltliche Bearbeitung der widerstreitenden Mandate ausschließlich durch verschiedene Personen,

  2. b)

    der Ausschluss des wechselseitigen Zugriffs auf Papierakten sowie auf elektronische Daten einschließlich des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs, und

  3. c)

    das Verbot an die mandatsbearbeitenden Personen, wechselseitig über das Mandat zu kommunizieren.

Die Einhaltung dieser Vorkehrungen ist zum jeweiligen Mandat zu dokumentieren.

§ 4 BORA Fremdgelder und andere Vermögenswerte

(1) Fremdgelder und sonstige Vermögenswerte, insbesondere Wertpapiere und andere geldwerte Urkunden, sind unverzüglich an die Berechtigten weiterzuleiten. Solange dies nicht möglich ist, sind Fremdgelder auf Anderkonten zu verwalten; dies sind in der Regel Einzelanderkonten. Die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt tragen dafür Sorge, dass über Sammelanderkonten keine Zahlungen abgewickelt werden, bei denen Risiken in Bezug auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bestehen. Auf einem Sammelanderkonto dürfen Gelder nicht verwaltet werden,

  1. a)

    die aus Mandaten stammen, deren Gegenstand zumindest auch ein Geschäft, eine Dienstleistung, eine Hilfeleistung, eine Transaktion oder eine Beratung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Geldwäschegesetzes mit Ausnahme der Verwaltung von Geld nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb des Geldwäschegesetzes ist,

  2. b)

    die der Rechtsanwältin oder dem Rechtsanwalt in bar übergeben wurden und die unbeschadet einer Aufteilung auf mehrere Teilbeträge den Betrag von insgesamt 1000 Euro übersteigen oder

  3. c)

    die der Rechtsanwältin oder dem Rechtsanwalt von einem Bankkonto aus einem Drittstaat überwiesen wurden, der

    1. 1.

      zu den von der Europäischen Kommission nach Artikel 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 ermittelten Drittstaaten mit hohem Risiko gehört, die im Anhang der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1675 der Kommission vom 14. Juli 2016 in der jeweils geltenden Fassung aufgeführt ist, oder

    2. 2.

      in den jeweils aktuellen Informationsberichten "High-Risk Jurisdictions subject to a Call for Action" und "Jurisdictions under Increased Monitoring" der Financial Action Task Force als Staat mit strategischen Mängeln eingestuft wird.

Gelder, die auf einem Sammelanderkonto verwaltet wurden, darf die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt nicht in bar auszahlen oder auf Konten in Ländern gemäß Satz 4 Buchstabe c weiterleiten. Über Fremdgelder ist unverzüglich, spätestens mit Beendigung des Mandats, abzurechnen. Sonstige Vermögenswerte sind gesondert zu verwahren. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit etwas anderes in Textform vereinbart ist.

(2) Eigene Forderungen dürfen nicht mit Geldern verrechnet werden, die zweckgebunden zur Auszahlung an andere als die Mandantin oder den Mandanten bestimmt sind.

§ 5 BORA Kanzlei, weitere Kanzlei und Zweigstelle

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind verpflichtet, die für ihre Berufsausübung erforderlichen sachlichen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen in Kanzlei und Zweigstelle vorzuhalten.

§ 5a BORA Kenntnisse im Berufsrecht

Die Kenntnisse im rechtsanwaltlichen Berufsrecht gemäß § 43f BRAO müssen durch die Teilnahme an einer Lehrveranstaltung mit insgesamt mindestens zehn Zeitstunden nachgewiesen werden, die folgende Themen umfassen soll:

  1. 1.

    Organisation des Berufs als freier Beruf sowie der Rechtsanwaltskammern als Selbstverwaltungsorgane einschließlich der Berufsaufsicht und berufsrechtlicher Sanktionen

  2. 2.

    Allgemeine Berufspflicht und Grundpflichten nach §§ 43, 43a BRAO, §§ 2 bis 5a BORA

  3. 3.

    Überblick über die besonderen Berufspflichten nach den §§ 43b ff. BRAO, §§ 6 bis 33 BORA

  4. 4.

    Berufsrechtliche Bezüge zum anwaltlichen Haftungsrecht.

§ 6 BORA Werbung

(1) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen über ihre Dienstleistung und ihre Person informieren, soweit die Angaben sachlich unterrichten und berufsbezogen sind.

(2) Die Angabe von Erfolgs- und Umsatzzahlen ist unzulässig, wenn sie irreführend ist. Hinweise auf Mandate und Mandantschaft sind nur zulässig, soweit die Einwilligung ausdrücklich erklärt ist.

(3) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen nicht daran mitwirken, dass Dritte für sie Werbung betreiben, die ihnen selbst verboten ist.

§ 7 BORA Benennung von Teilbereichen der Berufstätigkeit

(1) Unabhängig von Fachanwaltsbezeichnungen darf Teilbereiche der Berufstätigkeit nur benennen, wer den eigenen Angaben entsprechende Kenntnisse nachweisen kann, die in der Ausbildung, durch Berufstätigkeit, Veröffentlichungen oder in sonstiger Weise erworben wurden. Wer qualifizierende Zusätze verwendet, muss zusätzlich über entsprechende theoretische Kenntnisse verfügen und auf dem benannten Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sein.

(2) Benennungen nach Absatz 1 sind unzulässig, soweit sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen oder sonst irreführend sind.

(3) Die vorstehenden Regelungen gelten bei gemeinschaftlicher Berufsausübung und bei anderer beruflicher Zusammenarbeit entsprechend.

§ 7a BORA Mediation

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die sich als Mediatorin oder Mediator bezeichnen, haben die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Mediationsgesetz im Hinblick auf Aus- und Fortbildung, theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen zu erfüllen.

§ 8 BORA Kundgabe gemeinschaftlicher Berufsausübung und anderer beruflicher Zusammenarbeit

Auf eine Verbindung zur gemeinschaftlichen Berufsausübung darf nur hingewiesen werden, wenn sie in einer Berufsausübungsgesellschaft oder in sonstiger Weise mit den in § 59c Bundesrechtsanwaltsordnung Genannten erfolgt. Die Kundgabe jeder anderen Form der beruflichen Zusammenarbeit ist zulässig, sofern nicht der Eindruck einer gemeinschaftlichen Berufsausübung erweckt wird.

§ 9 BORA Kurzbezeichnungen

Eine Kurzbezeichnung muss einheitlich geführt werden.

§ 10 BORA Briefbögen

(1) Auf Briefbögen ist die Kanzleianschrift anzugeben. Kanzleianschrift ist die im Rechtsanwaltsverzeichnis als solche eingetragene Anschrift (§ 31 Abs. 3 Nr. 2 Halbsatz 1, § 27 Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung). Werden mehrere Kanzleien, eine oder mehrere Zweigstellen unterhalten, so ist für die auf den Briefbögen Genannten jeweils die Kanzleianschrift anzugeben.

(2) Auf Briefbögen müssen auch bei Verwendung einer Kurzbezeichnung die Namen sämtlicher Gesellschafterinnen und Gesellschafter mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen aufgeführt werden. Gleiches gilt für Namen anderer Personen, die in einer Kurzbezeichnung gemäß § 9 enthalten sind. Es muss mindestens eine der Kurzbezeichnung entsprechende Zahl der Berufsträgerinnen und Berufsträger auf den Briefbögen namentlich aufgeführt werden.

(3) Bei beruflicher Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufe sind die jeweiligen Berufsbezeichnungen anzugeben.

(4) Ausgeschiedene Berufsträgerinnen und Berufsträger können auf den Briefbögen nur weitergeführt werden, wenn ihr Ausscheiden kenntlich gemacht wird.

§ 11 BORA Mandatsbearbeitung und Unterrichtung der Mandantschaft

(1) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind verpflichtet, das Mandat in angemessener Zeit zu bearbeiten und die Mandantinnen und Mandanten über alle für den Fortgang der Sache wesentlichen Vorgänge und Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten. Es ist ihnen insbesondere von allen wesentlichen erhaltenen oder versandten Schriftstücken Kenntnis zu geben.

(2) Anfragen der Mandantinnen und Mandanten sind unverzüglich zu beantworten.

§ 12 BORA Umgehungsverbot

(1) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen nicht ohne Einwilligung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte anderer Beteiligter mit diesen unmittelbar Verbindung aufnehmen oder verhandeln.

(2) Dieses Verbot gilt nicht bei Gefahr im Verzuge. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte anderer Beteiligter sind unverzüglich zu unterrichten; von schriftlichen Mitteilungen ist ihnen eine Abschrift unverzüglich zu übersenden.

§ 13 BORA

(aufgehoben) 1

1

Aufgehoben durch Entscheidung des BVerfG vom 14.12.1999, BGBl 2000 I, 54 = BRAK-Mitt. 2000, 36

§ 14 BORA Zustellungen

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte haben ordnungsgemäße Zustellungen von Gerichten, Behörden und Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten entgegenzunehmen und das Empfangsbekenntnis mit dem Datum versehen unverzüglich zu erteilen. Wenn Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bei einer nicht ordnungsgemäßen Zustellung die Mitwirkung verweigern, müssen sie dies der absendenden Stelle unverzüglich mitteilen.

§ 15 BORA Mandatswechsel

(1) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die das anderen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten übertragene Mandat übernehmen, haben sicherzustellen, dass diese von der Mandatsübernahme unverzüglich benachrichtigt werden.

(2) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die neben anderen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten ein Mandat übernehmen, haben diese unverzüglich über die Mandatsmitübernahme zu unterrichten.

(3) Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nur beratend tätig werden.

§ 16 BORA Prozesskostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe und Beratungshilfe

(1) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind verpflichtet, bei begründetem Anlass auf die Möglichkeiten von Prozesskostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe und Beratungshilfe hinzuweisen.

(2) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe oder bei Inanspruchnahme von Beratungshilfe von ihren Mandantinnen und Mandanten oder Dritten Zahlungen oder Leistungen nur annehmen, die freiwillig und in Kenntnis der Tatsache gegeben werden, dass keine Verpflichtung zu einer solchen Leistung besteht.

§ 16a BORA Ablehnung der Beratungshilfe

(1) (aufgehoben)

(2) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind nicht verpflichtet, einen Beratungshilfeantrag zu stellen.

(3) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte können die Beratungshilfe im Einzelfall aus wichtigem Grund ablehnen oder beenden. Ein wichtiger Grund kann in der Person der Rechtsanwältin oder des Rechtsanwalts selbst oder in der Person oder dem Verhalten der Mandantin oder des Mandanten liegen. Ein wichtiger Grund kann auch darin liegen, dass die Beratungshilfebewilligung nicht den Voraussetzungen des Beratungshilfegesetzes entspricht. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

  1. a)

    die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt durch eine Erkrankung oder durch berufliche Überlastung an der Beratung/Vertretung gehindert ist;

  2. b)

    (aufgehoben)

  3. c)

    die Beratungshilfeberechtigten ihre für die Mandatsbearbeitung erforderliche Mitarbeit verweigern;

  4. d)

    das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt und Mandantin oder Mandant aus Gründen, die im Verhalten oder in der Person der Mandantin oder des Mandanten liegen, schwerwiegend gestört ist;

  5. e)

    sich herausstellt, dass die Einkommens- und/oder Vermögensverhältnisse der Mandantin oder des Mandanten die Bewilligung von Beratungshilfe nicht rechtfertigen;

  6. f)

    (aufgehoben)

  7. g)

    (aufgehoben).

§ 17 BORA Zurückbehaltung von Handakten

Wer die Herausgabe der Handakten (§ 50 Abs. 3 und 4 Bundesrechtsanwaltsordnung) verweigert, kann einem berechtigten Interesse der Mandantin oder des Mandanten auf Herausgabe durch die Überlassung von Kopien Rechnung tragen. Richtet sich das berechtigte Interesse gerade auf die Herausgabe der Originale, darf die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt anbieten, die Originale an von der Mandantschaft zu beauftragende Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu treuen Händen herauszugeben, wenn damit dem berechtigten Interesse Rechnung getragen wird.

§ 18 BORA Vermittelnde, schlichtende oder mediative Tätigkeit

Werden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte vermittelnd, schlichtend oder als Mediatorin oder Mediator tätig, so unterliegen sie den Regeln des Berufsrechts.

§ 19 BORA Akteneinsicht

(1) Wer Originalunterlagen von Gerichten und Behörden zur Einsichtnahme erhält, darf sie nur an Mitarbeitende aushändigen. Dies gilt auch für das Überlassen der Akte im Ganzen innerhalb der Kanzlei. Die Unterlagen sind sorgfältig zu verwahren und unverzüglich zurückzugeben. Bei deren Ablichtung oder sonstiger Vervielfältigung ist sicherzustellen, dass Unbefugte keine Kenntnis erhalten.

(2) Ablichtungen und Vervielfältigungen dürfen Mandantinnen und Mandanten überlassen werden. Soweit jedoch gesetzliche Bestimmungen oder eine zulässigerweise ergangene Anordnung der die Akten aushändigenden Stelle das Akteneinsichtsrecht beschränken, haben Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dies auch bei der Vermittlung des Akteninhalts an Mandantinnen und Mandanten oder andere Personen zu beachten.

§ 20 BORA Berufstracht

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte tragen vor Gericht als Berufstracht die Robe, soweit das üblich ist. Eine Berufspflicht zum Erscheinen in Robe besteht beim Amtsgericht in Zivilsachen nicht.

§ 21 BORA Vergütungsvereinbarung

(1) Das Verbot, geringere als die gesetzlichen Gebühren zu fordern oder zu vereinbaren, gilt auch im Verhältnis zu Dritten, die es anstelle der Mandantschaft oder neben dieser übernehmen, die Gebühren zu bezahlen, oder die sich gegenüber den Mandantinnen oder Mandanten verpflichten, diese von anfallenden Gebühren freizustellen.

(2) (aufgehoben) 2

2

Aufgehoben durch Bescheid des Bundesministeriums der Justiz vom 07.03.1997, BAnZ vom 08.03.1997 = BRAK-Mitt.1997, 81

§ 22 BORA Gebühren- und Honorarteilung

Als eine angemessene Honorierung im Sinne des § 49b Abs. 3 Satz 2 und 3 Bundesrechtsanwaltsordnung ist in der Regel eine hälftige Teilung aller anfallenden gesetzlichen Gebühren ohne Rücksicht auf deren Erstattungsfähigkeit anzusehen.

§ 23 BORA Abrechnungsverhalten

Spätestens mit Beendigung des Mandats haben Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gegenüber den Mandantinnen und Mandanten und/oder Dritten im Sinne des § 21 über Vorschüsse unverzüglich abzurechnen und ein von ihnen errechnetes Guthaben auszuzahlen.

§ 24 (weggefallen)

§ 24 BORA

(weggefallen)

§ 25 BORA Beanstandungen gegenüber Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten

Wollen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte andere Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte darauf hinweisen, dass sie gegen Berufspflichten verstoßen, so darf dies nur vertraulich geschehen, es sei denn, dass die Interessen der Mandantinnen und Mandanten oder eigene Interessen eine Reaktion in anderer Weise erfordern.

§ 26 BORA Beschäftigung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten sowie anderen Mitarbeitenden

(1) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen nur zu angemessenen Bedingungen beschäftigt werden. Angemessen sind Bedingungen, die

  1. a)

    eine unter Berücksichtigung der Kenntnisse und Erfahrungen des Beschäftigten und des Haftungsrisikos der beschäftigenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sachgerechte Mandatsbearbeitung ermöglichen,

  2. b)

    eine ihrer Qualifikation, ihren Leistungen und dem Umfang ihrer Tätigkeit sowie den Vorteilen der beschäftigenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte aus dieser Tätigkeit entsprechende Vergütung gewährleisten,

  3. c)

    ihnen auf Verlangen angemessene Zeit zur Fortbildung einräumen und

  4. d)

    bei der Vereinbarung von Wettbewerbsverboten eine angemessene Ausgleichszahlung vorsehen.

(2) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen andere Mitarbeitende und Auszubildende nicht zu unangemessenen Bedingungen beschäftigen.

§ 27 BORA Beteiligung Dritter

Am wirtschaftlichen Ergebnis anwaltlicher Tätigkeit dürfen Dritte, die mit den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten nicht zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbunden sind, nicht beteiligt sein. Das gilt nicht für Vergütungen von Mitarbeitenden, Versorgungsbezüge, Vergütungen für die Übernahme der Kanzlei und Leistungen, die im Zuge einer Auseinandersetzung oder Abwicklung der beruflichen Zusammenarbeit erbracht werden.

§ 28 BORA Ausbildungsverhältnisse

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte haben zu gewährleisten, dass die Tätigkeit von Auszubildenden in der Kanzlei auf die Erreichung des Ausbildungsziels ausgerichtet ist.

§ 29 BORA

(aufgehoben)

§ 29a BORA Zwischenanwaltliche Korrespondenz im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind verpflichtet, nach Rücksprache mit ihrer Mandantschaft die Anfrage ausländischer Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu beantworten, ob sie "vertraulich" gegenüber ihrer Mandantschaft oder "ohne Präjudiz" (d. h. ohne spätere Verwendung gegen die Anfragenden oder deren Mandantschaft) Informationen austauschen oder Gespräche führen können.

§ 29b BORA Einschaltung ausländischer Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

Wer als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt ausländische Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte einschaltet, muss bei der Einschaltung darüber informieren, wenn eine sich aus der Einschaltung ergebende eigene Verbindlichkeit oder Haftung für das Honorar, die Kosten und die Auslagen der ausländischen Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte nicht übernommen werden soll.

§ 30 BORA Geltung der Berufsordnung bei beruflicher Zusammenarbeit

(1) aufgehoben

(2) Bei beruflicher Zusammenarbeit gleich in welcher Form hat jede Rechtsanwältin und jeder Rechtsanwalt zu gewährleisten, dass die Regeln dieser Berufsordnung auch von der Organisation eingehalten werden.

§ 31 BORA Maßnahmen zur Einhaltung des Berufsrechts

(1) Berufsausübungsgesellschaften haben laufend ihre konkreten Risiken für Berufsrechtsverstöße zu ermitteln und zu bewerten, insbesondere solche, die sich aus ihrer Zusammensetzung und Organisationsstruktur, ihren Tätigkeitsfeldern sowie ihren Mandaten ergeben.

(2) Auf Basis der Risikoanalyse nach Absatz 1 stellen Berufsausübungsgesellschaften durch geeignete Maßnahmen sicher, dass berufsrechtliche Verstöße verhindert oder zumindest frühzeitig erkannt und abgestellt werden. Geeignete Maßnahmen können insbesondere sein:

  • die Bestellung einer oder eines Berufsrechtsbeauftragten;

  • berufsrechtliche Schulungen;

  • elektronische Systeme zur Vermeidung von Interessenkollisionen;

  • die elektronische Überwachung von Anderkonten zur Sicherstellung der Verpflichtungen nach § 4 BORA;

  • eine interne Hinweismeldestelle für berufsrechtsbezogene Beschwerden.

(3) In Berufsausübungsgesellschaften mit regelmäßig mehr als 10 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten oder anderen Angehörigen eines in § 59c Absatz 1 Satz 1 BRAO genannten Berufs sind die Risikoanalyse nach Absatz 1 und die getroffenen Maßnahmen nach Absatz 2 zu dokumentieren, die Dokumentation ist spätestens alle zwei Jahre zu aktualisieren.

§ 32 BORA Beendigung einer gemeinschaftlichen Berufsausübung

(1) Bei Auflösung einer Berufsausübungsgesellschaft haben die Gesellschafterinnen und Gesellschafter mangels anderer vertraglicher Regelung jede Mandantin und jeden Mandanten darüber zu befragen, wer künftig ihre laufenden Sachen bearbeiten soll. Wenn sich die bisherigen Gesellschafterinnen und Gesellschafter über die Art der Befragung nicht einigen, hat die Befragung in einem gemeinsamen Rundschreiben zu erfolgen. Kommt eine Verständigung der bisherigen Gesellschafterinnen und Gesellschafter über ein solches Rundschreiben nicht zustande, darf jede oder jeder von ihnen einseitig die Entscheidung der Mandantinnen und Mandanten einholen. Die ausscheidenden Gesellschafterinnen und Gesellschafter dürfen am bisherigen Kanzleisitz und auf der Internetseite der Berufsausübungsgesellschaft einen Hinweis auf ihren Umzug für ein Jahr anbringen. Die verbleibenden Gesellschafterinnen und Gesellschafter haben während dieser Zeit auf Anfrage die neue Kanzleiadresse, Telefon- und Faxnummern der ausgeschiedenen Gesellschafterinnen und Gesellschafter bekannt zu geben.

(2) Für den Fall des Ausscheidens einer Gesellschafterin oder eines Gesellschafters aus der Berufsausübungsgesellschaft gilt Absatz 1 hinsichtlich derjenigen Auftraggebenden, mit deren laufenden Sachen die ausscheidenden Gesellschafterinnen und Gesellschafter zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens befasst oder für die sie vor ihrem Ausscheiden regelmäßig tätig waren. Ihr Recht, das Ausscheiden aus der Berufsausübungsgesellschaft allen Mandantinnen und Mandanten bekannt zu geben, bleibt unberührt.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Beendigung einer beruflichen Zusammenarbeit in sonstiger Weise, wenn diese nach außen als Berufsausübungsgesellschaft hervorgetreten ist.

§ 33 (weggefallen)

§ 33 BORA

(weggefallen)

§ 34 BORA Weitere Mitglieder der Rechtsanwaltskammer, ausländische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

(1) Für europäische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Sinne der §§ 1 ff. EuRAG gelten hinsichtlich ihrer Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland die §§ 1 bis 33 sowie die Anlagen entsprechend.

(2) Für europäische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die nach den §§ 25 ff. EuRAG vorübergehend in der Bundesrepublik Deutschland tätig werden, gelten die Vorschriften der §§ 1 bis 33 nach Maßgabe des § 27 EuRAG entsprechend.

(3) Für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte aus anderen Staaten, die Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer im Sinne der §§ 206, 207 Bundesrechtsanwaltsordnung sind, gelten hinsichtlich ihrer Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland die §§ 1 bis 33 sowie die Anlagen entsprechend.

(4) Für Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer nach § 209 Bundesrechtsanwaltsordnung gelten die §§ 2 bis 19, 21 bis 33 sowie die Anlagen entsprechend.

§ 35 BORA In-Kraft-Treten und Ausfertigung

(1) Diese Berufsordnung tritt drei Monate nach Übermittlung an das Bundesministerium der Justiz in Kraft, soweit nicht das Bundesministerium der Justiz die Satzung oder Teile derselben aufhebt, frühestens jedoch mit dem ersten Tag des dritten Monats, der auf die Veröffentlichung in den BRAK-Mitteilungen folgt.

(2) Der Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens ist in den BRAK-Mitteilungen bekannt zu machen.

(3) Die Berufsordnung ist durch Versammlungsleitung und Schriftführung der Satzungsversammlung auszufertigen.

45470 Mülheim an der Ruhr, Holthauser Höfe 7
RA u. Notar Thomas Bolley
Kanzlei Bolley & Bolley